Chancen und Grenzen agiler Organisationsformen in Gemeindeverwaltungen in der Deutschschweiz
Thema In dieser Master-Thesis wird ermittelt, was die Chancen und Grenzen agiler Organisationsformen für Gemeinden in der Deutschschweiz sind. Die Arbeit bewegt sich daher zum einen in der Branche der öffentlichen Verwaltung und zum anderen im Thema agile Organisationsformen. Es werden aktuelle Herausforderungen der Gemeinden, die Bedürfnisse ihrer Anspruchsgruppen sowie die vorhandenen Rahmenbedingungen thematisiert. Ebenfalls werden klassische und agile Organisationsformen untersucht und deren Unterschiede sowie Vor- und Nachteile dargestellt. Die bei den meisten Gemeinden aktuell klassische Organisation wird vorgestellt und erste Erfahrungen aus der Anwendung von agilen Organisationsformen in Gemeinden werden besprochen. Vor diesem Hintergrund können anschliessend die Chancen und Grenzen evaluiert werden.
Relevanz Gemeinden sehen sich mit verschiedenen Herausforderungen wie steigenden Anforderungen, zunehmenden Aufgaben und veränderten Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Mitarbeitenden konfrontiert. Die Gemeinden müssen deshalb flexibler, schneller und anpassungsfähiger werden, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Ein Ansatzpunkt ist die Veränderung der bisher meist klassischen Organisationsformen, welche eher nicht für die Arbeit in einem dynamischen und komplexen Umfeld geeignet sind. Es stellt sich die Frage, ob agile Organisationsformen auch für Gemeinden gewinnbringend sein können und sich mit den bestehenden Rahmenbedingungen vereinbaren lassen.
Ergebnisse Es wurden zahlreiche Chancen ermittelt wie beispielsweise eine höhere Anpassungsfähigkeit, verbesserte Dienstleistungen und engagiertere Mitarbeitende. Es wurden auch Grenzen erkannt, diese übersteigen jedoch die Chancen nicht und werden nicht als Verhinderer agiler Organisationsformen gesehen. Die in den befragten Gemeinden am meisten verbreitete agile Organisationsform ist die Projektorganisation, wo funktionsübergreifend zusammengearbeitet wird. Ebenfalls bereits vermehrt im Einsatz stehen der Einbezug der Anspruchsgruppen sowie die überregionale Zusammenarbeit. Andere agile Organisationsformen sind in den befragten Gemeinden noch wenig verbreitet. Aktuell werden agile Formen ergänzend zur bestehenden hierarchischen Struktur eingesetzt. Die agilen Organisationsformen mit festem Einfluss auf die Organisationsstruktur existieren im untersuchten Sample nicht.
Implikationen für Praktiker:innen
· Die befragten Gemeinden setzen gewisse agile Organisationsformen bereits ein, teilweise ohne dies so zu benennen oder genau zu wissen, unter welchen Bereich der Fachliteratur diese fallen.
· Die Gemeinden stehen noch am Anfang und wenden agile Organisationsformen, wenn überhaupt, auf Projekt- und Teamebene, neben der hierarchischen Organisation an.
· Die bestehende Literatur geht davon aus, dass noch eine längere Zeit des Ausprobierens agiler Organisationsformen in Teilbereichen und des kulturellen Wandels ansteht, bevor Auswirkungen auf die Aufbauorganisation der Gemeinden folgen werden.
· Interessierte Gemeinden können ihren aktuellen Stand in der erarbeiteten Grafik einordnen, sich mit den Gemeinden aus dem Sample vergleichen und Inspiration aus den dargestellten Anwendungsbeispielen ziehen.
· Den Gemeinden wird empfohlen, sich zu überlegen, welche der dargestellten agilen Organisationsformen für ihre Gemeindeverwaltung sinnvoll sein könnten und in welchen Bereichen.
Methoden Diese Master-Thesis gliedert sich in einen theoretischen Teil und einen empirischen Forschungsteil. Zunächst wurde eine strukturierte Literaturanalyse durchgeführt. Die Erkenntnisse aus der Literaturrecherche wurden in einem Modell zusammengefasst. Im empirischen Teil der Arbeit wurde eine qualitative Forschungsmethode angewendet und leitfadengestützte Einzelinterviews wurden durchgeführt. Die Interviewpartner teilen sich auf in leitende Angestellte in Gemeindeverwaltungen sowie Exekutivvorsitzende. Ergänzt wurde das Sample durch Experten auf dem Gebiet. Es wurden Interviewpartnerinnen und -partner gewählt, welche über eine Affinität oder Vorwissen zum Thema verfügen und/oder generell als innovativ eingeschätzt werden. Die Interviews wurden transkribiert und gemäss der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Dazu wurde ein Kategoriensystem entwickelt und die Textstellen diesen Kategorien zugeordnet.