Liquiditätsplanung in Unternehmen: Eine Evaluierung von Referenzmodellen für KMU
Thema:
Die vorliegende Masterthesis untersucht die Liquiditätsplanung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und legt besonderen Fokus auf die spezifischen Anforderungen, welche KMU an die Liquiditätsplanung stellen. Im Rahmen dieser Untersuchung werden sowohl die Bedeutung und Rolle der strategischen und operativen Ebene sowie der Prozess- und Systemebene betrachtet. Die Prozessebene umfasst die Informationsbeschaffung, während die Systemebene die Nutzung von Tools und Softwarelösungen zur Unterstützung der Liquiditätsplanung umfasst. Die Untersuchung soll ein tieferes Verständnis für die Liquiditätsplanung in KMU schaffen und ihre Bedeutung in der Unternehmenspraxis aufzeigen.
Relevanz:
KMU stellen mit rund 99 Prozent die Mehrheit der Schweizer Unternehmen dar. Angesichts der steigenden Konkurszahlen, von denen neun von zehn auf Liquiditätsengpässe zurückzuführen sind, ist die Liquiditätsplanung für KMU von entscheidender Bedeutung. Sie ist ein wichtiges Finanzinstrument und dient zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit sowie zur frühzeitigen Erkennung von Liquiditätsengpässen. Dementsprechend ist es für KMU äusserst wichtig, die Bedeutung der Liquiditätsplanung zu verstehen, ihre Grundlagen zu kennen und zu erkennen, wie die Liquiditätsplanung in Unternehmen integriert ist. Trotz ihrer Relevanz findet die Liquiditätsplanung nur in wenigen KMU, insbesondere in kleineren Unternehmen, Anwendung.
Ergebnisse:
Die Ergebnisse bieten wertvolle Einblicke, welche das Verständnis der Bedeutung und Umsetzung der Liquiditätsplanung in KMU erweitern. Die Resultate verdeutlichen, dass die Liquiditätsplanung in KMU nicht ausschliesslich zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit beiträgt, sondern auch zur Finanzoptimierung dient. Eine Liquiditätsprognose ermöglicht es Unternehmen, Liquiditätsüberschüsse gewinnbringend anzulegen. Darüber hinaus dient die Liquiditätsplanung als Entscheidungsinstrument und fördert das Unternehmensimage bei Verhandlungen mit Banken und Geschäftspartnern. Zu den spezifischen Anforderungen zählen die regelmässige Überprüfung und Anpassung, die Durchführung von Soll-Ist-Vergleichen, die Planung verschiedener Szenarien sowie die Visualisierung.
Implikationen für Praktiker*innen:
· Die Liquiditätsplanung muss sowohl branchenspezifisch als auch unternehmensspezifisch abgestimmt werden, um einen verlässlichen Planungsvorgang zu gewährleisten. Beispielsweise sollte ein Gastronomieunternehmen aufgrund der saisonalen Schwankungen, von welchen die Branche geprägt ist, monatliche Anpassungen und Überprüfungen vornehmen. Andere Branchen hingegen erfordern weniger häufige Anpassungen und Überprüfungen.
· Ab einer bestimmten Unternehmensgrösse, bei welcher die Finanzflüsse nicht mehr vollständig überblickt werden können, sollte die Liquiditätsplanung schriftlich dokumentiert werden. Dies gewährleistet die Übersichtlichkeit und ermöglicht eine sorgfältige Planung.
· Die Liquiditätsplanung erfordert sowohl fachliches Wissen als auch ein Verständnis der unternehmensspezifischen Prozesse. Verantwortliche müssen die Finanzflüsse kennen und wissen, wo die erforderlichen Informationen zu finden sind. Angesichts der begrenzten Zeitressource in KMU ist es empfehlenswert, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Methodik:
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde ein methodischer Ansatz gewählt, welcher sowohl eine Literaturrecherche als auch qualitative Interviews umfasst. Die Interviews wurden hauptsächlich mit Geschäftsführer*innen aus diversen Branchen geführt, darunter Energiebeschaffung, Energieverteilung, Energieproduktion, Informatik, Immobilien, Transport und Holzindustrie. Zusätzlich wurde ein Interview mit einer Bank geführt, um die Perspektive der Finanzinstitute in die Untersuchung einzubeziehen. Für die Datenerhebung wurde ein semistrukturierter Leitfaden verwendet. Nach der Transkription der Interviews wurden diese mithilfe der Software «Taguette» kodiert und analysiert, wobei die Prinzipien der Grounded Theory angewendet wurden.